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Samstag, 15. Juni 2024

Alle Beiträge zum Thema "Pacing"


Da dieser Blog in relativ kurzer Zeit sehr stark gewachsen ist, habe ich mich entschieden, zu einzelnen wichtigen Themen separate Übersichten über die bereits erschienenen Beiträge bereitzustellen, die regelmäßig aktualisiert werden. Diese Übersichten finden Sie in der rechten Spalte ganz unten.

Eine unerlässlich wichtige Strategie bei ME/CFS und MCAS ist das Pacing.

Die dazugehörige Übersicht finden Sie hier

Dienstag, 11. Juni 2024

Meditationen


In der Regel finden Sie heutzutage in fast edem Online-Genesungsprogramm Meditationsangebote. Sicherlich können diese auch hilfreich sein, um das ANS zu beruhigen. Aber Betroffene mit psychischen Problemen sowie Hochsensibilität sollten auf freie, reine und unbewegte Meditationen verzichten. Denn gerade für diese Zielgruppen bergen reine Meditationen auch Risiken. Vor allem bei intensiverer Anwendung können diese u.a. Angstzustände, traumatische Flashbacks und Hypersensibilität sowie Wahnvorstellungen und dissoziative Störungen auslösen.[i]

Sicherer und hilfreicher ist es, sich mit geführten Meditationen sowie Imaginationsübungen und Visualisierungen zu beschäftigen. Da in der heutigen Zeit die Begrifflichkeiten stark verschwimmen, ist es zudem gut, kritisch zu bleiben. Sollten Sie sich in Bezug auf einen Meditationsinhalt unsicher sein, können Sie die Sequenz erst einmal probehören, bevor Sie sich im nächsten Schritt voll darauf einlassen. So vermeiden Sie unliebsame Überraschungen. Darüber hinaus sollten Sie sich bei geführten Meditationen genauso verhalten wie bei den Imaginationen. Denken Sie an die Vorbereitung wie z.B. die Erdung und an einen Handschmeichler. Und wenn Sie die Meditationserfahrung genießen konnten, unterstreichen Sie dies durch einen Anker.  

Geführte Meditationen

Eine geführte Meditation hat oft denselben Inhalt wie manche Imaginationsübung, Fantasiereise oder auch Visualisierung. Mit diesen würde ich – v.a. als Anfängerin – immer beginnen, bevor ich mich eventuell später entscheide, in die reinen Meditationen einzusteigen.

Geführte Meditationen, Imaginationen und Visualisierungen haben folgende Vorteile:  
- Sie geben Führung und nehmen Sie mit auf eine Reise. Dabei werden Sie nicht allein gelassen.
- Sie können durch die anleitende Stimme besser loslassen. Viele störenden Gedanken und belastende Gefühle, die die reine Meditation so schwierig machen und auch weniger zur Entspannung beitragen, treten bei geführten Meditationen nicht bzw. nur bedingt auf. Dadurch können Sie sich vollständig der Meditation hingeben.

- Die geführte Meditation entspannt und steigert gleichzeitig die Konzentration. Durch die anleitende Stimme ist das Risiko, abzuschweifen oder in Unruhe bzw. in Grübeleien zu geraten, sehr gering.[ii]


Die Nachteile einer geführten Meditation sind m.E. gerade bei ME/CFS und Co. zu vernachlässigen, da die positiven Aspekte überwiegen. Trotzdem sollen sie hier erwähnt werden: Geführte Meditationen haben ihre Grenzen, bedingt durch Thema, Stimme und Länge. Damit lassen sie wenig Raum für selbstständige Entdeckungen außerhalb der Thematik und verleiten manche Menschen zu Tagträumen und zum Einschlafen – was jedoch bei ME/CFS und MCAS meist eher ein Gewinn ist.

Freie Meditationen

Meditationen im engeren Sinne sind immer freie Meditationen ohne Anleitung und sind v.a. in den fernöstlichen Bewegungsarten wie Qi Gong oder Yoga zu finden. Für diese ist eine gewisse emotionale Stabilität unabdingbar. Bei gleichzeitig bestehenden Traumafolgestörungen oder Depressionen wird grundsätzlich von reinen Meditationen abgeraten. Darüber sollte sich der Übende bereits vor einer Meditation in einem entspannten Zustand befinden. Bei zu hoher Anspannung entsteht sonst die gegenteilige Wirkung.

Stille Meditation

In der stillen Meditation setzen Sie sich einfach hin und beobachten, was in Ihrem Körper und Geist vor sich geht. Dabei konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem.

Mantra-Meditation

Bei der Mantrameditation wählen Sie ein Mantra (Silbe, Wort, Aussage) oder eine Affirmation aus, die Sie immer wieder geistig wiederholen.

Chakra-Meditation

Hier wird mit Visualisierungen in einem bestimmten Körperbereich gearbeitet, um dessen Eigenschaften anzuregen. Ein Beispiel ist z.B. die Herz-Chakra-Meditation, das darauf zielt, Mitgefühl und Liebe für unsere Mitmenschen zu entwickeln. Dabei konzentrieren Sie sich einfach auf Ihre Herzgegend und spüren, was dort aktuell passiert. Sinnvoll ist es, sich zur Unterstützung ein warmes, grün-leuchtendes Licht in diesem Bereich vorzustellen, das sich langsam ausbreitet.[iii]

In den sozialen Medien finden Sie eine Unzahl dieser Übungen kostenlos zum Anhören und Ausprobieren.

 



[i] l Huber, Linda vom SWR (2024): „Risiken der Achtsamkeit Krank durch Meditation?“ auf https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/meditation-risiken-nebenwirkungen-100.html, zuletzt aufgerufen am 19.03.2024

[ii] https://meditationsnerd.de/gefuehrte-meditation/, zuletzt aufgerufen am 09.02.2024

[iii] Ebenda


Sonntag, 9. Juni 2024

Physiotherapie

 


Physiotherapie spielt für viele ME/CFS-Betroffene meist eine eher untergeordnete Rolle und kann aufgrund der Belastungsintoleranz allenfalls unterstützend wirken. Die herkömmlich empfohlenen körperlichen Rekonditionierungs-Maßnahmen (graduelle Leistungssteigerung GET) sind kontraindiziert. Pacing steht an erster Stelle. Daher müssen auch viele Physiotherapeuten erst umdenken. Aufklärung durch Schulungen und Informationen tut Not, was bereits passiert.[1] Aber noch kennen sich nicht alle Therapeuten mit dem Thema aus. Die Suche nach einer geeigneten Physiotherapie-Praxis kann daher länger dauern.


Wenn Sie sich selbst für eine Physiotherapie interessieren, sollten Sie sich vorab überlegen, welche Ziele Sie damit verfolgen.


- Geht es um die Verbesserung der Atmung?

- Wollen Sie Nervus Vagus-Übungen erlernen?

- Leiden Sie unter hartnäckigen Verspannungen?

- Wollen Sie lernen, wie Sie Muskel- und Gelenkschmerzen lindern und vorbeugen können?

- Wollen Sie die aktuelle Muskelstärke aufrechterhalten und mobil bleiben?

- Wollen Sie auch im körperlichen Bereich Pacing erlernen und mit Hilfe herausfinden, was Sie noch machen können?


Wenn für Sie die Zielsetzung und damit der Behandlungsauftrag klar ist, können Sie sich auf die Suche machen. Konzentrieren Sie sich dabei bitte auf Physiotherapie-Praxen, für die Pacing kein Fremdwort ist und die bereits Erfahrungen mit ME/CFS, Long Covid und Co. haben.

Sorgen Sie vor dem ersten Termin gut für sich: 
a)   Stellen Sie den Physiotherapeuten Informationen zu Pacing und Co. vor.
b) Achten Sie darauf, dass diese vorsichtig und achtsam vorgehen.
c)   Sagen Sie im Zweifelsfall lieber einmal zu viel „Nein“.

Für stärker Betroffene stehen v.a. Hausbesuche oder Online-Coaching an der Hausordnung. Fragen Sie bei den einzelnen Praxen nach, ob dies möglich ist – und stellen Sie diesen die Informationen zur Behandlung von Schwer Erkrankten zur Verfügung.[2]

Bei MCAS sollten Sie wiederum daran denken, dass auch einzelne Behandlungsformen (manuelle Therapien, EMS-Stimulierung, gewisse Weichteiltherapien, Ausdauer- und Krafttraining) die Mastzellen stark aktivieren können. Klären Sie den Physiotherapeuten darüber auf, so dass Sie sich gemeinsam vorsichtig und langsam an die geeignete Behandlungsstrategie annähern können. Fangen Sie mit sanften Behandlungen und Dehnungsübungen an – und tasten Sie sich langsam vor. Auch hier ist weniger mehr! Falscher Ehrgeiz ist fehl am Platz.

Ergänzend oder als Ersatz kann auch eine gute Osteopathie bzw. Cranio-Sacral-Therapie sehr viel bewirken.



[1] World Physiotherapy als Weltverband stellt umfassende Materialien bereit, die u.a. unter dem link
https://bw.physio-deutschland.de/long-covid.html als Download zur Verfügung stehen.

[2] Der Artikel zur Behandlung von schwer und schwerst Erkrankten kann unter https://www.mecfs.de/wp-content/uploads/2023/04/Versorgung-schweres-MECFS-deutsch.pdf heruntergeladen werden.


Dienstag, 28. Mai 2024

E-Book von fasynation.de: Richtung Genesung - Dein Wegweiser bei ME/CFS, Long Covid und chronischer Fatigue


Johannes Schulte, der für ME/CFS- und Long Covid-Erkrankte den Podcast und Blog fasynation.de ins Leben gerufen hat, stellte heute seinen 26-seitigen Wegweiser "Richtung Genesung" vor. In diesem werden die bisherigen Inhalte von fasynation.de in fünf Kategorien unterteilt und in einem anderen Kontext zur Verfügung gestellt. 


Der Wegweiser ist als eBook erhältlich. Sie erhalten ihn kostenlos als Download, wenn Sie die Impuls-Mails von fasynation.de (Fasy.Mails) abonnieren: https://www.fasynation.de/impulsmails-bestellen/

 


Sonntag, 26. Mai 2024

Psychotherapie bei ME/CFS und MCAS



ME/CFS und MCAS sind schwere multisystemische und körperliche Erkrankungen. Daher stehen die biologisch-medizinische Versorgung sowie Verhaltensänderungen wie Pacing, Ernährungsumstellung und Co. immer im Vordergrund.

Eine Psychotherapie oder Ergotherapie kann jedoch als Begleitmaßnahme und zur Krankheitsbewältigung sinnvoll sein - sofern sie freiwillig und nicht erzwungen ist.

Ziel der Behandlung sollte sein, dass die Patienten
a) mit der extremen psychischen Belastung durch die krankheitsbedingten Einschränkungen besser umgehen können (wie z. B. auch bei Multipler Sklerose oder Krebs) sowie
b) die Erkrankung besser händeln können (Pacing, Nervus Vagus-Übungen, Schlafkonzepte etc.).

Für die Auswahl der einzelnen Maßnahmen ist wiederum die individuelle Ausgangslage der einzelnen Patienten entscheidend. Grundsatz jeglichen psychotherapeutischen Handelns sollte folgender sein: "Weniger ist mehr! Und schade nicht!"

Völlig ungeeignet und unangebracht sind Therapieformen wie GET (
ansteigende Aktivierungstherapie bzw. engl. Graded Excercise Therapy) oder CBT (Cognitive Behavioral Therapy). Diese  Behandlungsansätze GET und CBT beruhten auf einem - für ME/CFS und MCAS nicht zutreffenden - früheren psychosomatischen Krankheitsmodell, das angebliche aktivitätsvermeidende Verhaltensweisen und falsche Krankheitsüberzeugungen als Ursache der Erkrankungen definierte. Dieses Modell sollte nach all den Beweisen in den letzten Jahren inzwischen der Vergangenheit angehören, aber leider gibt es nach wie vor noch genügend Behandler in Deutschland, die diese Einschätzung teilen und hartnäckig verteidigen.

Daher sollten Sie bei der Psychotherapie- und Ergotherapie-Suche genau hinschauen und den Wissensstand der einzelnen Therapeuten überprüfen.

Bei der Kommunikation mit den einzelnen Therapeuten könnte der Artikel  The Role of Psychotherapy in the Care of Patients with Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome
hilfreich sein: Dieser Beitrag wurde 2023 von Bettina Grande, einer führenden Psychotherapeutin in Hinblick auf ME/CFS, und weiteren Mitstreitern verfasst, um für einen psychotherapeutischen Ansatz für ME/ CFS zu plädieren, der dabei helfen soll, Zustandsverschlechterungen zu vermeiden.

Eine deutsche Übersetzung finden Sie hier


ME/CFS: "Wir sind nicht müde! Wir sind erschöpft!"

Ein großes Missverständnis, das immer wieder zur Sprache kommt und die Betroffenen sehr oft nervt.

"Du, ich bin auch immer müde. Ich könnte immerzu schlafen. Vielleicht habe ich auch ME/CFS", hörte ich vor Kurzem mal wieder von einer Bekannten.

"Sie sind immer müde? Das haben viele Menschen", so ein neuer Arzt im Gespräch.

Zum Glück war ich ausgeruht und entspannt genug, um in kurzen Worten erklären konnte, dass ME/CFSler fast nie müde sind. Im Gegenteil: Der Körper eines ME/CFS-Erkrankten ist oft nach den kleinsten Aktivitäten völlig erschöpft, gleichzeitig jedoch gnadenlos angespannt und wach. Aufgrund der starken Schmerzen und der Anspannung ist Schlafen für uns eine der größten Herausforderung der Welt - und in der Regel nur mit starken Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln wie GABA oder Melatonin, sehr viel Disziplin möglich.

Ich z.B. ziehe mich bereits zwei Stunden vor dem Schlafengehen zurück und mache über eine Stunde lang Dehnungs- und Nervus Vagus-Übungen, um mich zu beruhigen. Trotzdem benötige ich nach wie vor ein Medikament zum Schlafen.




Freitag, 24. Mai 2024

MCAS: Achtung bei Vibration

In der Medizin, Physiotherapie und im Wellness-Bereich werden inzwischen immer öfter elektrische Stimulationsgeräte eingesetzt:

- TENS-Geräte (transkutane elektrische Nervenstimulation) werden in der Schmerztherapie zur Schmerzlinderung verwendet mit dem Vorteil, dass keine bzw. weniger Medikamente mit weitreichenden Nebenwirkungen geschluckt werden müssen.

- EMS-Geräte (elektrische Muskelstimulation) werden in der Physiotherapie und in der medizinischen Reha eingesetzt, um den Muskelaufbau zu fördern. Inzwischen haben diese Geräte auch im Wellness- und Freizeitsportbereich für Ganzkörpertrainings Einzug gehalten.

- Ähnlich wirken die Vibrationsplatten, die im Freizeitbereich einen Boom erleben.

- Nervus Vagus-Stimulatoren wie z.B. Sensate werden wiederum genutzt, um das autonome Nervensystem ins Gleichgewicht zu bringen bzw. den Parasympathicus zu aktivieren.

Da Vibration bei MCAS jedoch stark triggern kann, sollten Sie diese Geräten vorsichtig handhaben - und auch Ihre Behandler entsprechend anweisen. Nutzen Sie anfangs unbedingt die niedrigste Stufe, um sich an die Stimulation zu gewöhnen und die Verträglichkeit zu testen - und steigern Sie bitte nur langsam. Im Zweifelsfall belassen Sie es auf einer niedrigen Stufe.

Ich selbst arbeite mit TENS-, EMS- und Nervus Vagus-Geräten. Aber mir ist bewusst, dass ich diese nur auf niedriger Stufe nutzen darf, da ansonsten ein Crash oder heftigste Blockaden bzw. Taubheiten drohen. Entsprechende Erfahrungen musste ich leider machen. Auch kann ich  das TENS- und EMS-Gerät nicht an jeder Stelle meines Körpers ansetzen. Das EMS-Gerät ist z.B. gut einsetzbar, um meine Rückenmuskeln zu aktivieren und aufzubauen. Ein Versuch an meiner rechten Schulter endete jedoch mit heftigsten Schmerzen und Blockaden, die über Wochen andauerten. Auch beim Nervus Vagus-Stimulator nutze ich nur die niedrigste Stufe, da höhere Einstellungen in einer Überreizung enden. Auf Vibrationsplatten wiederum verzichte ich lieber.




Ergotherapie


Immer wieder kommt bei ME/CFS und MCAS auch die Frage nach Ergotherapie auf.

Ergotherapie hat eine medizinische und sozialwissenschaftliche Basis - und ist primär eine handlungsorientierte Therapie. Sie begleitet und unterstützt Menschen, die durch Krankheit bzw. Behinderung in ihren alltäglichen Fähigkeiten eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. So wird z.B. jemand nach einem Schlaganfall mit den einfachsten Dingen im Alltag oft nur durch Ergotherapie wieder zurecht kommen ("Schuhe binden", "Mit Gabel und Messer essen"). 

Oft geht es auch u.a. darum, mit der jeweiligen Krankheit, den Symptomen, z.B. den Schmerzen besser umzugehen - und so im Alltag wieder verstärkt handlungsfähig zu werden. Hier kann Ergotherapie bei ME/CFS und MCAS ansetzen und z.B. in Hinblick auf Pacing und Co. unterstützen.

Ergotherapie für Erwachsene wird auf drei Gebieten angeboten:

- Neurologie (z.B. Zustand nach Schlaganfall, Multiple Sklerose, Schädel-Hirn-Trauma)
- Psychiatrie (z.B. Depression, Eßstörungen, Traumastörungen)
- Orthopädie (z.B. Rheuma, Athrose, Fibromyalgie)

In der Regel sind jedoch nicht alle Ergotherapeuten für alle Felder zuständig bzw. ausgebildet. D.h. nicht jede Ergotherapie-Praxis behandelt jede Krankheit. Was wiederum dazu führt, dass betroffene Patienten gut recherchieren müssen, bei dem verschreibenden Arzt nach Tipps fragen sollten und sich auch vorab bei den einzelnen Praxen erkundigen sollten, ob ihre Krankheit behandelt wird.

Bei ME/CFS und MCAS wäre in der Regel die psychiatrische oder neurologische Ergotherapie angebracht - was nicht heißt, dass die Erkrankungen psychiatrische Erkrankungen sind. Aber die Therapeuten auf diesem Gebiet kennen sich am besten mit dem Ungleichgewicht des autonomen Nervensystems, Nervus Vagus-Übungen, Krankheitsbewältigung und Co. aus. Daher kann es manchmal hilfreich sein, sich vom Arzt ein Rezept für eine solche Ergotherapie ausstellen zu lassen - auch wenn sich bei manchen im Innersten alles dagegen sträubt, psychiatrisch behandelt zu werden. Denken Sie in einem solchen Fall bitte daran, dass auch Krebskranke z.B. Psychotherapie machen - um mit der Erkrankung klarzukommen.

Die Kosten der Behandlungen übernehmen nach ärztlicher Verordnung die gesetzlichen Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungen. Eine Zuzahlung ist jedoch wie bei der Physiotherapie erforderlich. Diese wird nach dem Krankheitsgebiet und der Stundenanzahl genauestens berechnet.

Osteopathie

Osteopathie gehört zu den alternativen Behandlungsmethoden, und ist ein überwiegend manuelles Diagnose- und Behandlungskonzept, das auf den amerikanischen Arzt Still (1828-1917) zurückgeht. Dieser stellte während seiner Tätigkeit als Mediziner fest, daß viele Erkrankungen des Körpers mit einer Änderung der Beweglichkeit und Statik des Körpers, insbesondere des Bewegungsapparates, einhergehen. Daraufhin entwickelte er ein Konzept, um durch die Behandlung über das Knochengerüst (griechisch: "osteon") die Erkrankung (griechisch: "pathos") zu behandeln. Der Begriff "Osteopathie" war geboren.  

Heute betrachtet die Osteopathie nicht nur den Bewegungsapparat, sondern darüber hinaus auch die funktionellen Zusammenhänge mit den Organen sowie dem Gefäß- und Nervensystem - was für ME/CFS-Patienten sehr wichtig sein kann. Die Perrin-Technik kann z.B. bei ME/CFS sehr hilfreich sein.

Im Gegensatz zur traditionellen, sogenannten Schulmedizin, welche sich primär auf die Symptombehandlung konzentriert, ist die Osteopathie bemüht, die Ursache eines Leidens festzustellen und zu behandeln. Dabei stellen die Osteopathen durch  geeignete Grifftechniken auch organische Probleme wie Bluthochdruck oder Kopfschmerzen fest und können diese auch behandeln.

Viele gesetzliche Krankenkassen bezuschussen inzwischen drei Osteopathie-Sitzungen im Jahr. In diesem Fall sollten Sie mit Ihrer Krankenkasse Rücksprache halten. Auch  Heilpraktikerzusatzversicherungen sind bei regelmäßigen Osteopathie-Sitzungen sinnvoll.

Adressen von Osteopathen mit einer professionellen und hochwertigen Ausbildung finden Sie bei der Deutschen Gesellschaft für Osteopathische Medzin e.V. (DGKM) unter www.dgom.info oder beim Verband der Osteopathen Deutschland e.V. (VOD) unter www.osteopathie.de.
Ein Tipp: Gerade auf dem Gebiet ist die Mundpropaganda nicht zu verachten!

Übrigens kann sowohl ein Arzt, Heilpraktiker oder Physiotherapeut Osteopath sein (Physiotherapeuten dürfen jedoch nur auf Rezept/ Überweisung eines Arztes behandeln). Da der Einsatz der Osteopathie bei vielfältigen Symptomen und Krankheiten helfen kann, ist bei den meisten Osteopathen zudem mit einer Spezialisierung zu rechnen (z.B. orthopädische Beschwerden oder psychische Probleme). Erkundigen Sie sich daher auf jeden Fall vorab bei dem infrage kommenden Osteopathen, ob er sich mit Ihren Beschwerden auskennt. Und fragen Sie nach den Preisen. Achten sollten Sie zudem darauf, dass der Osteopath auf eine ausführliche Amnamnese (Erhebung der Krankheitsgeschichte) Wert legt und mit anderen behandelnden Ärzten zusammenarbeitet (z.B. über Anfrage der schulmedizinischen Diagnosen und Unterlagen).

Ich selbst bin seit einigen Jahren in regelmäßiger osteopathischer Behandung und bin sehr dankbar dafür. Vor allem meine Probleme mit meiner instabilen Halswirbelsäule konnten dadurch schon gebessert werden. Auch unterstützt mich mein Osteopath bei der Regulierung meines autonomen Nervensystems sowie bei hartnäckigen Verspannungen.

Mittwoch, 22. Mai 2024

Welche Online-Genesungsprogramme für ME/CFS sind empfehlenswert?


Ich selbst kann  drei Programme empfehlen, wobei ich mich bei der Auswahl auf die deutschsprachigen Programme konzentriert habe. M.E. ist es gerade bei Erschöpfung doch hilfreicher, in der Muttersprache zu kommunizieren – vor allem wenn das Unterbewusstsein teilweise angesprochen wird.


Das Prof. Stark Fatigue-Selbsthilfeprogramm

Prof. Dr. Stark dürfte einigen ME/CFS-Betroffenen aus Norddeutschland als Privatarzt und Gutachter bereits bekannt sein. Er ist Psychologe, psychologischer Psychotherapeut und Facharzt für Psychiatrie und Psychosomatik und beschäftigt sich zusammen mit seinem Kollegen Prof. Dr. Zheja schon seit vielen Jahren mit den Themen Fatigue, Burn-out und Stress. Zudem ist er einer der wenigen Ärzte in Deutschland, die sich mit ME/CFS auskennen. Bei der Behandlung legt er den Wert jedoch ausschließlich auf das autonome Nervensystem und dessen Neuregulierung sowie auf Pacing. Entsprechend sind die sechs Bausteine seines neuen Programms gehalten: Verständnis über die Erkrankungen, körperliche und mentale Übungen für das Nervensystem, Pacing, Ernährung und je nach Preismodell Coaching-Begleitung. Der Vorteil des Programms liegt u.a. in der deutschen Sprache und in der Begleitung durch einen Arzt.

Weitere Informationen finden Sie auf seiner Website:
https://www.prof-stark-fatigue-zentrum.de/online-selbsthilfe

reactive-programm
Die Gründer des neuen Programms aus Deutschland sind Leonie Förster und Frederik Gerber. Die Entspannungspädagogin Förster hatte selbst Long Covid und ist davon genesen. Gerber ist wiederum Physiotherapeut und beschäftigt seit Längerem mit den Erkrankungen ME/CFS und Long Covid. Das Programm, das auf drei Monate angelegt ist, richtet sich an Menschen mit diesen Erkrankungen und zielt wie andere Programme darauf ab, das dysregulierte Nervensystem wieder in einen normalen Zustand zu bringen. Themen wie Pacing“, „Baseline“, „Innenarbeit“ und Co. werden hier ausführlich behandelt. Im Gegensatz zu anderen Programmen finden auch körperliche Übungen ihren Platz. Eine feste Gruppe an Teilnehmern und Teilnehmerinnen wird von den beiden Gründern begleitet mit wöchentlichen Live-Sitzungen, einem individuell angepassten Bewegungsplan, Videos, einem Workbook etc. Positiv ist, dass Einzelcoachings dazu gebucht werden können.

Weitere Informationen finden Sie hier:

https://shop.reactive-programm.de/s/reactiveprogramm
https://podcasts.apple.com/us/podcast/episode-49-von-sauerstoff-und-pulsmessung-bis-zu-bewegung/id1669868570?i=1000638170599


Recharge-programm
Die österreichische Gründerin Kathrin Frischmann ist Sozialarbeiterin, psychologische Beraterin, Kreativtrainerin und Trainerin für Psychoneuroimmunologie und hat ihre eigene ME/CFS und POTS weitgehend überwunden. Ihre Erfahrungen gibt sie in dem Programm weiter, das aus 30 kleinen Modulen besteht. Diese beschäftigen sich u.a. mit den Themen Pacing, Ernährung, Entspannung, Emotionen, Stressmanagement und Meditationen sowie Gehirntraining. Es ist jederzeit zum Selbststudium verfügbar.

Mehr Informationen finden Sie hier:

https://www.wieder-aufladen.at/recharge-programm
https://www.ich-werde-gesund.com/2022/05/28/me-cfs-kathrins-weg-zur-genesung/


Der Markt ist um einiges größer. Vor allem im englischsprachigen Bereich existiert eine Vielzahl an Programmen, die sich in der Regel auf das Brain Retraining konzentrieren. Einen Überblick über die aktuell verfügbaren Online-Genesungsprogramme finden Sie unter folgendem link:  

https://www.ich-werde-gesund.com/2022/10/01/genesungsprogramme-im-%C3%BCberblick/

Inwieweit welches Online-Genesungsprogramm für Sie letztlich sinnvoll ist, können nur Sie selbst entscheiden nach einer ehrlichen Bestandsaufnahme Ihrer individuellen Situation und der gründlichen Überprüfung des Online-Angebots.

 

Online-Genesungsprogramme: Für wen sind diese Programme nur teilweise/ bedingt geeignet?


Für manche Menschen sind Online-Genesungsprogramme nicht oder nur teilweise geeignet. Einige Beispiele will ich hier – auch aus eigener Erfahrung und auf Basis des Erfahrungsaustausches – nennen:

a)     Psychische Erkrankungen der Betroffenen

Bei ME/CFS und MCAS kommen Angst- und Panikattacken häufig vor. Auch ist eine Depression als Reaktion auf die schweren Erkrankungen nicht selten. Und nicht zuletzt haben manche Personen unbewältigte Traumata aus der Vergangenheit, die bisher verdrängt wurden und nun in Zeiten der körperlichen Schwäche nach oben drängen.

Früher gab es die klare Regel, dass ein Coach nur gesunde Menschen berät. Die Selbstverpflichtung eines Coaches sieht zudem vor, psychisch Erkrankte auf eine notwendige Psychotherapie hinzuweisen – und vor allem diese Themen nicht selbst zu behandeln. Diese Regel wird in vielen Online-Coachings kaum mehr gehandhabt, was weitreichende Schädigungen und Retraumatisierungen zur Folge haben kann. U.a. hängt dies auch mit der fehlenden Kompetenz vieler Coaches zusammen. Schlecht ausgebildete Coaches erkennen nicht, wenn ihr Gegenüber psychisch instabil ist. Bei den Standardprogammen wiederum gibt es zudem gar keine Möglichkeit, psychische Instabilitäten bei den Klienten zu entdecken. Die Verantwortung wird auf die Klienten übertragen.

Und selbst wenn manche Coaches die Problematik erkennen, überschreiten viele ihre Grenzen und behandeln dann weiter auf therapeutischem Gebiet – obwohl eine Psychotherapie angesagt wäre. Dabei machen sie Fehler, die für die Klienten gefährlich sein können. Viele Coaches wissen z.B. meist nicht, dass Meditationen für Menschen mit Traumafolgestörungen oder Depressionen kontraindiziert sind.[i] Darüber hinaus wird in vielen Brain Retrainings die Arbeit mit Innenanteilen angeboten, was jedoch bei psychischen Erkrankungen hochexplosiv sein kann.

Bei vergangenen Traumata, begleitenden Depressionen, Panik- oder Angstattacken ist daher eine angepasste Psychotherapie unabdingbar. Daher stellt sich die Frage, ob bei gravierenden Problemen eine begleitende Therapie zur Krankheitsbewältigung nicht grundsätzlich sinnvoller ist. Gerade in der heutigen Zeit, in der manche Therapeuten auch über Zoom arbeiten, ist eine individuelle Begleitung, die auf Sie zugeschnitten ist, sicherlich vorteilhafter. Ein Online-Genesungsprogramm, das sich auf die anderen Themen konzentriert, kann dann immer noch zur Ergänzung sinnvoll sein.

b)     Hochsensibilität der Betroffenen

Auch bei einer Hochsensibilität sollten Erkrankte zumindest in Bezug auf Meditationen sehr vorsichtig sein – und diese nicht zu lange durchführen. Auch wenn in dem weltweit bekannten Gupta-Programm z.B. empfohlen wird, mind. zweimal am Tag für jeweils mind. 30 Minuten zu meditieren, sollte man sich davon nicht unter Druck setzen lassen. Inzwischen ist durch Forschungen erwiesen, dass intensives Meditieren auch gefährliche psychische Nebenwirkungen haben kann. Jeder Zehnte, der sich in einem höheren Maße mit Meditationen beschäftigt, entwickelt demzufolge Ängste, traumatische Flashbacks oder Hypersensibilität. Auch dissoziative Störungen sowie Wahnvorstellungen können auftreten.[ii]

c)      Atemprobleme der Betroffenen

In den meisten Online-Programmen finden Sie Standard-Atemübungen. Die Urheber der Programme vernachlässigen jedoch die Individualität der einzelnen Betroffenen. Manche haben Lungenerkrankungen durch Long Covid, andere ein verspanntes Zwerchfell. Leute wie ich wiederum stressen sich zu sehr mit den Atemübungen, was zu einer paradoxen Wirkung führt. Darüber hinaus sind viele Atemübungen nur im entspannten Zustand sinnvoll. Hier wird deutlich, dass eine individuellere Begleitung, Alternativangebote sowie das Angebot, sich erst einmal auszuprobieren, völlig fehlt. Im Gegensatz dazu wird den Klienten vermittelt, dass sie etwas falsch machen, wenn es nicht funktioniert – obwohl diese bei Ablenkung völlig normal atmen bzw. in einer Physiotherapie oder bei einer Atemtrainerin Erfolge erzielen können. 

d)     Ernährungsunverträglichkeiten der Betroffenen   

  Gerade bei ME/CFS und MCAS leiden viele Erkrankte unter vielfachen Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Daher sind Standard-Ernährungstipps aus den Online-Programmen nicht hilfreich, wenn nicht sogar schädlich. Meist benötigen die Betroffenen eine individuelle Ernährungstherapie.

e)      Vorhandene Erfahrungen der Betroffenen

Menschen, die sich in ihrem Leben bereits durch Psychotherapie, Entspannungsübungen und Co. mit dem autonomen Nervensystem und der Neuroplastizität des Gehirns beschäftigt haben, erfahren in den meisten Programmen nichts Neues. Wenn die Betreffenden sich zudem bereits mit dem Pacing eingehender beschäftigt haben, dürften sie in der Regel genügend Wissen und Erfahrung haben, um auf eigene Faust weiterzuarbeiten.

f)      Reizüberflutung der Betroffenen

Da die Programme grundsätzlich auf Video-Vorträgen basieren – und nur teilweise ein Skript beigelegt wird – müssen sich die Klienten regelmäßig unterschiedliche Videos anschauen. Das kann anstrengend sein. Daher sollte sich jeder Interessent vorab gut überlegen, ob er dies kräftemäßig überhaupt schaffen kann – oder ob eine individuelle persönliche Betreuung bzw. die Lektüre von Büchern nicht sinnvoller sind.

g)     Hohe Anspannung der Betroffenen

Fast alle Programme haben das Ziel, die Fehlfunktion des autonomen Nervensystems zu lindern und zu reparieren. Dafür werden in der Regel Meditationen, Atemübungen und Affirmationen angeboten. Kaum ein Urheber hat jedoch daran gedacht, dass all diese Übungen erst in einem relativ entspannten Zustand funktionieren – und dass die meisten Betroffenen diesen Zustand kaum ohne Hilfe bzw. andere Übungen erreichen können. Dieses Thema wird außen vorgelassen, was gravierende Folgen haben kann. Bekannte Konzepte zur Spannungsregulierung aus der Psychotherapie (DBT- und Skill-Training, traumasensitives Yoga, Qi Gong etc.) fehlen.[1]  Im besten Fall merken die Betreffenden selbst, dass ihnen die Meditationen und Atemübungen im erregten Zustand nicht guttun. Schlimmstenfalls versuchen es die Klienten jedoch immer wieder und geraten dadurch noch mehr in Stress, was Zustandsverschlechterungen nach sich ziehen kann. Es wäre ein Leichtes, die Programme zu ergänzen und so eine Lücke zu schließen.

Aber auch wenn einige der oben genannten Kriterien auf Sie zutreffen, kann ein Online-Genesungsprogramm für Sie geeignet sein – wenn Sie auf sich achtgeben, kritisch bleiben und gegebenenfalls einige Themen auslassen.



[1] Siehe Kapitel „DBT-Therapie: Skill-Orientierung“



[i] Huber, Linda vom SWR (2024): „Risiken der Achtsamkeit Krank durch Meditation?“ auf https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/meditation-risiken-nebenwirkungen-100.html, zuletzt aufgerufen am 19.03.2024

[ii] Ebenda

ME/CFS-Online-Genesungsprogramme



Inzwischen gibt es immer mehr Genesungsprogramme für ME/CFS, die online angeboten werden. Vor allem ehemals Betroffene, die sich als geheilt bezeichnen, bieten zunehmend Online-Coachings an. In der Regel konzentrieren sich diese auf das Brain Retraining oder Lifestyle-Coachings. Da der Coaching-Markt nicht reguliert wird, ist es jedoch schwierig, die seriösen und guten Angebote zu erkennen. Und auch wenn es genügend Menschen gibt, die von gewissen Programmen schwärmen, sehe ich doch kritische Tendenzen. Obwohl alle Programme auf guten Ansätzen basieren, überschreiten manche Coaches ihre Kompetenzen und erhöhen sich zunehmend – und werden zu Gurus. Abgewandelte Übungen, die in einer toxischen Positivität münden, Druck und Co. können dabei eine gefährliche Wirkung haben. Überdies sind die Standardinhalte nicht für alle Betroffene brauchbar, was dann oft in Enttäuschung, Frustration und sogar Selbstvorwürfen mündet. Da meist nicht über Nachteile, Nebenwirkungen und Risiken von Übungen aufgeklärt wird, können manche Programme sogar nachhaltig schädigen. Aufklärung tut daher not, damit Betroffene sich bei Interesse für die passenden Programme entscheiden können. Hier sollte man achtsam bleiben. In diesem Zusammenhang bietet das Buch von Charlotte M. Raven „Nicht noch ein Coaching-Buch“ einen erschreckenden, aber auch klaren Einblick in den dysregulierten Coaching-Markt und zeigt die Wichtigkeit auf, sich vorab genauestens zu informieren.


Entscheidungshilfen vor dem Kauf eines Programms

Wenn Sie „alles aus einer Hand“ haben wollen und sich nicht die Mühe machen wollen, die einzelnen Inhalte zu sammeln, ergibt ein solches Programm sicherlich Sinn. Sie sollten sich dann jedoch auf ein Programm konzentrieren, das von erfahrenen Fachleuten ins Leben gerufen wurde – und idealerweise eine individuelle Begleitung dazubuchen. Gerade in einer Zeit, in der immer mehr ehemals Betroffene ohne ausreichende Ausbildung ihre Erfahrungen in Form eines Online-Genesungsprogramms weitergeben wollen, ist es zudem von entscheidender Wichtigkeit, das Programm und den Coach vorab zu überprüfen.

Hilfestellung können einige Fragen geben, die Sie vor der Buchung eines solchen Programms immer stellen sollten:[i]

a) Werden Heilversprechen gegeben?

b) Welche Ausbildung haben die Programm-Anbieter und einzelnen Coaches?

c) Welche Inhalte werden in dem Programm angeboten?

d) Gibt es zumindest die Möglichkeit, sich das Inhaltsverzeichnis anzuschauen?

e) Werden Allgemeinplätze erhoben wie „Therapie XY hilft immer“?

f) Wird mit Übertreibungen gearbeitet?

f) Konzentrieren sich die Anbieter auf gewisse Inhalte, die sie aufgrund ihrer Ausbildung auch beherrschen?

g) Wird darauf aufmerksam gemacht, dass bei psychischen Erkrankungen eine Psychotherapie notwendig ist?

i) Werden Übungen und Inhalte, die in eine Psychotherapie gehören, ausgeklammert?

k) Nehmen die Anbieter und Coaches Supervision in Anspruch?

l) Werden die Übungen differenziert dargestellt? Wird u.a. auch auf Nachteile, Grenzen und Vorsichtsmaßnahmen sowie Varianten hingewiesen?

m) Ist die Preisgestaltung transparent?

n) Sind die Vertragsmodalitäten einsehbar?

o) Sind Referenzen verfügbar? Klingen diese glaubwürdig?

Wenn ein Programmanbieter nicht bereit ist, diese Fragen zu beantworten bzw. die notwendigen Informationen bereitzustellen, dann sollten die Alarmglocken klingeln. Bei einer Investition von mind. mind. 300 bis 400,- EUR haben Sie das Recht, diese Informationen einzufordern.


Vor allem sollten Sie bei der Auswahl folgende Punkte berücksichtigen:  

a)     Unseriöse Heilversprechen und Druck

Abstand sollten Sie von Programmen halten, die mit unseriösen Heilversprechen verbunden sind. Die Neuregulierung des autonomen Nervensystems sowie Pacing und Co. sind wichtig, um die Folgen der ME/CFS und MCAS zu lindern. In der Regel ist ein solches Programm jedoch nie alleinverantwortlich für eine Heilung. Wenn man genauer nachfragt, haben die meisten Menschen, die geheilt wurden, parallel andere Therapien und Wege beschritten. Lassen Sie sich daher bitte durch die Aussagen in manchen Programmen nicht unter Druck setzen!

b)     Toxische Positivität

Ein großer Kritikpunkt in manchen Programmen ist die toxische Positivität mancher Übungen.[ii] Die Klienten werden in den betreffenden Programmen angeleitet, mit abgeänderten Grübelstopps und Co. all ihre schlechten Gedanken und Gefühle zu verdrängen. Dieses Vorgehen soll zu einer positiven Grundhaltung und zur Heilung beitragen. Das ist jedoch ein Trugschluss und zudem gefährlich. Nicht verarbeitete Emotionen verschwinden nicht einfach. Im Gegenteil: Sie stauen sich auf: Auf Dauer fühlen sich Menschen, die einen Teil ihrer Gefühlswelt verdrängen, daher nur noch schlechter. Körperliche Probleme folgen. Dies wusste schon Sigmund Freud.

Unbestritten ist, dass eine positive Grundhaltung die psychische und körperliche Gesundheit verbessern kann. Diese lässt sich jedoch nicht erzwingen, sondern sollte durch positive Erlebnisse, also z.B. durch Ressourcenorientierung gefördert werden. Parallel sollten die negativen Gedanken und Gefühle nicht verdrängt werden. Sie haben ihre Berechtigung und gehören zum Leben dazu: Negative Gedanken und Gefühle weisen uns auf Probleme und unstimmige Situationen hin und motivieren uns, nach Lösungen zu suchen. Sie machen uns authentisch, was uns mit unserer Umwelt verbindet. Daher geht es in einem gesunden und emotional ausgewogenen Leben darum, den richtigen Umgang mit den negativen Gefühlen zu finden. Jüngste Forschungen haben bereits ergeben, dass Menschen mit einer vielfältigen Gefühlswelt („Emodiversity“) eine niedrigere Konzentration an entzündungsfördernden Stoffen im Blut aufweisen.[iii]

Der Druck, der durch die Verdrängung der negativen Gedanken und Gefühle, auf die Klienten ausgeübt wird, ist groß. Wenn diese es nicht schaffen, diese zu unterdrücken, wird vermittelt, dass sie „etwas falsch machen“ bzw. „ihr Mindset noch ändern müssten“. Dies führt bei den Betreffenden u.a. zu Schuldgefühlen und Scham – und zu einem Teufelskreis.

c)     Die Coaching-Szene ist nicht reguliert

Heutzutage kann sich praktisch jeder als Coach bezeichnen. Dies wird in einer Zeit, in der es sehr lukrativ sein kann, als Youtuber oder Influencer aktiv zu sein, zu einem Problem. Privatpersonen, die das Programm aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen aufgebaut haben, können jedoch maximal als Ratgeber fungieren. Auch andere Berufsgruppen, die sich um fachfremde Themen kümmern, können eine psychotherapeutische Betreuung nicht leisten. Damit überschreiten viele schlecht ausgebildete Coaches eindeutig ihre Kompetenzen und damit auch die Grenzen der Klienten. Coaches sollten sich daher unbedingt auf ihre Fachgebiete konzentrieren, um glaubwürdig zu bleiben. 

d)     Hohe Kosten

Die Kosten für die Online-Genesungsprogramme sind hoch. Ohne Einzelcoaching kostet ein Programm durchschnittlich zwischen 300 und 400 EUR. Wenn man bedenkt, dass die Programme standardisiert sind und zudem nur einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten beinhalten, die sich z.B. zur Nervus Vagus-Regulierung eignen, dann ist das ein stolzer Preis. Betroffene sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Großteil der Theorie sowie der Übungen kostengünstiger online sowie in Büchern zu erhalten ist.

 



[i] Raven, Charlotte M. (2023): Nicht noch ein Coaching-Buch, S. 184. Komplett-Media. München

[ii] Kirchgeßner, David: „Selbstoptimierung und Life Coaches: Gefährlicher Trend oder doch zum Lachen?“, auf https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/selbstoptimierung-und-life-coaches-gefaehrlich-oder-zum-lachen-100.html, zuletzt aufgerufen am 19.03.2024

[iii] https://www.emodiversity.org/, zuletzt aufgerufen am 19.03.2024 sowie https://emotionen-info.de/2017/09/21/emodiversitaet/, zuletzt aufgerufen am 19.03.2024

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